Das Elbtal eignet sich außergewöhnlich gut für den Weinbau, denn es schützt die wärmeliebende Pflanze vor der Kälte. Die auf den ersten Blick unfruchtbaren Berge bieten ideale Vegetationsbedingungen für die Reben.
Die erste schriftliche Erwähnung des Weinanbaus in der Umgebung von Ústí nad Labem (Aussig) bezieht sich auf Brná (Birnai, 1233). Knapp einhundertfünfzig Jahre später (1382) wird zum ersten Mal ein Weingarten auf dem heutigen Marienberg (Mariánská hora) erwähnt. Da sich die Weinstöcke unterhalb des Felsens (tsch. „pod skalou“) befanden, wurde der hiesige Wein Podskalské genannt. In der heutigen Zeit scheint es vielleicht abwegig, doch der Weinbau spielte für die Stadt Ústí nad Labem eine grundlegende Rolle.
Im 15. Jahrhundert begannen die Weingärten der Aussiger Bürgerlichen zu wachsen, zum Beispiel am rechten Ufer des Flusses Bílina (unterhalb des Soudný vrch/Gerichtsberg) und am linken Elbufer (in Richtung Vaňov/Wannow). Die Weingärten reichten bis zu den Stadtmauern. Der größte und beste Weingarten befand sich jedoch am und teilweise auf dem Marienberg.
Laut Bericht des Aussiger Bürgermeisters Josef Hermann von 1598 erlitt die Stadt mehrere Brände und die umliegenden Berge ermöglichten keinen ausreichenden Lebensunterhalt. Die Weingärten hingegen waren zu dieser Zeit „der einzig wirkliche Gewinn für die Stadt“. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts nahmen die Weingärten bereits den größten Teil der Grundstücke der Aussiger Bürgerlichen ein. Noch bis nach dem Dreißigjährigen Krieg, also Mitte des
17. Jahrhunderts, waren zum Beispiel in Stříbrníky (Ziebernik), Dobětice (Doppitz) und Krásné Březno (Schönpriesen) Weingärten zu finden. Die meisten besaßen jedoch die Aussiger Bürgerlichen – es handelte sich um 42 % der gesamten landwirtschaftlich bewirtschafteten Fläche. Einen Rückgang gab es erst in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts nimmt der Weinanbau in Böhmen allgemein ab. In Folge der Entwicklung der Industrie und des Kohlebaus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es auch in Ústí und Umgebung ausreichend andere und leichtere Arbeitsmöglichkeiten. Darum nahm der Weinbau hier stärker ab als in anderen Regionen. Der Bau der Eisenbahnstrecke Prag-Dresden gab dem Podskaler Wein den Todesstoß. Im Jahre 1847 wurde der Podskaler Weingarten am Ort der heutigen Zugstrecke aufgelöst. Noch bis Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts befand sich jedoch ein kleiner Weingarten mit dem Podskaler Wein in der Nähe der Gerberei Hönig.
Präsente der Aussiger Bürgerlichen
Die Stadt Ústí nad Labem hatte auch ihre eigenen Weingärten und Weinkeller. Bis ins 18. Jahrhundert setzten Vertreter der Stadt den hiesigen Wein zur Repräsentation ein. So gelangten Fässer mit dem Podskaler Wein zu den höchsten Vertretern der königlichen Böhmischen Kammer nach Prag, aber auch zu den Bezirksbeamten nach Litoměřice (Leitmeritz).
Hoher Weinkonsum in den Städten
Da Wein leicht desinfizierend wirkt, mischten ihn die Bürgerlichen ins Wasser. Dies hing damit zusammen, dass sich die Trinkwasserbrunnen im Mittelalter unweit der Klärgruben befanden, was oft zur Verschmutzung des Wassers führte.
Archäologische Funde
Einen bemerkenswerten Fund machten die Archäologen Mitte des 15. Jahrhunderts bei Grabungen in der heutigen Bílinská-Straße. Ein Gefäß in einer Klärgrube enthielt eine Menge Traubenkerne. Dabei handelt es sich um den bisher ältesten materiellen Beweis des Weinbaus in Ústí nad Labem.
Aussiger Wein als Zahlungsmittel
Im Jahre 1614 kaufte die Stadt Ústí nad Labem einen älteren Altar aus der Marienkirche in Pirna. Als Zahlungsmittel dienten vier Fässer mit Aussiger Wein, die als „gut“ gekennzeichnet waren.
Lob für den Podskaler Wein
Der Podskaler Wein wurde als vorzüglich bezeichnet. Angeblich schmeckte er, weil er nicht ausgegärt war, wie Champagner. Nach zwölf Jahren Reife soll er dann besonders gut gewesen sein.
Pavel Stránský (*1583 †1657): Der Wein, der in der Vorstadt am Felsen reift und darum Podskaler genannt wird, hat in unserer Heimat keine Konkurrenz, die ihn in seiner Qualität übertreffen würde.
Bohuslav Balbín (*1621 †1688): Dem Wein mit dem Namen Podskaler (da er am Felsen hinter der Stadt Ústí wächst) kann in Böhmen kein anderer Konkurrenz machen, selbst der Wein aus Mělník ist ihm nicht gewachsen. Er wird nach Österreich exportiert, wo er erfolgreich mit erstklassigen exotischen Weinen und sogar mit denen von Übersee verglichen wird.
Die Karte von Ende der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts zeigt die Umgebung der Stadt Ústí nad Labem.
Die rosa Flächen an der Stadtmauer, am Marienberg und in der Umgebung von Stříbrníky markieren die damaligen Weingärten.
Zeichnung des Weinbaus der Aussiger Bürgerlichen aus dem Jahre 1782 „Pod Skalou“, das heißt an der Stelle, über die heute die Zugstrecke und die Přístavní-Straße verläuft.
Historische Weinpresse aus der Vorburg der Burg Střekov (Schreckenstein).